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Darf ich vorstellen: Frau Dr. Bohne!

Seit ich im Netz Bilder und Zitate von Frau Dr. Bohne veröffentliche, erreichen mich Fragen, ob ich tatsächlich einen Hund habe, ob Frau Dr. Bohne wirklich mein Haustier sei oder ob das nicht vielmehr der Hund von jemand anderem sei, den ich mir nur ausborge für Fotos für die sozialen Netzwerke.

Also wirklich! Als ob ich so etwas tun würde!

Frau Dr. Bohne ist in der Tat meine Mitarbeiterin, meine Kollegin, Beraterin, Sicherheitsexpertin und Fachfrau, pardon, Fachhündin für Gesellschaftskritik, Personenschutz und Wurst. Sie ist Muse und Ideengeberin für Texte, von Artikeln bis zu ganzen Romanen. Und sie ist seit Ende August bei mir angestellt und wohnhaft.

Die Wahrheit ist die: Ich wollte schon immer einen Hund. Als ich ein Kind war, gestatteten meine Eltern mir das nicht, was ich zwar doof fand, aber schon damals auch verstand, denn so ein Hund ist mit Verantwortung und Arbeit und Zeitaufwand verbunden, und er muss auch irgendwie in den Lebensplan aller Beteiligten passen. Über all die Jahre schaute ich immer wieder mal bei Züchtern vorbei, surfte auf den Seiten von Tierheimen und diversen Vereinen, las Kleinanzeigen.

Aber bei allem Hundewunsch passte es nicht: Entweder wohnte ich in einer zu kleinen Wohnung oder war viel zu viel unterwegs oder hatte aus beruflichen Gründen keinen geregelten Alltag. Außerdem war und bin ich immer Fan von Rhodesian Ridgebacks. Das sind mehr Kälber als Hunde, und ich lebe seit mehr als der Hälfte meines bisherigen Lebens in Großstädten - kein idealer Lebensraum für diese Hunderasse.

Wunsch seit vierzig Jahren

Auch mein Sohn wünschte sich seit langem einen Hund. Und nun also passte es! Er sagte: "Endlich! Nach vier Jahren erfüllt ihr mir meinen Traum!" Ich antwortete: "Ja. Und nach vierzig Jahren erfülle ich mir meinen Traum."

Wir begannen, bei Hundezüchtern und im Tierheim und bei diversen Vereinen, die Hunde retten, zu suchen. Um ehrlich zu sein: Ich schaute ja eh schon die ganze Zeit. Die Haltung meiner Frau war diese: "Ich stelle mich eurem Wunsch nicht in den Weg." Und: "Hauptsache, der Hund haart nicht und er stinkt nicht." Also ein Pudel? Ein Maltipoo? Wir schauten. Und fanden, jedenfalls Sohn und ich: nein. Schön, niedlich, süß - aber nicht unsere Wahl. Ich fand und finde Shiba Inus wunderbar. Wenn schon kein Rhodesian Ridgeback, dann so einer! Ich rief bei einem Züchter an, aber der meldete sich nicht zurück.

Ich schaute im Tierquartier, dem Wiener Tierheim, und fand zwei Hunde, die passen könnten. Beides Mischlinge. Man muss, wenn man ein Tier aus dem Tierheim haben möchte, ein paar Formulare ausfüllen und einiges von sich preisgeben, Wohnumfeld, Größe des Hauses, familiäre Umstände, damit die Tierheimmitarbeiterinnen und -mitarbeiter prüfen können, ob es passt. An dem Tag im August, als ich die Unterlagen abschicken wollte, schaute ich noch einmal kurz auf die Seite - und da war sie, erst seit ein paar Tagen im Tierquartier: Bohne. Den Namen hatte ihr das Tierheim gegeben. Eine Hündin, schätzungsweise ein Jahr alt, Mischling, überwiegend Deutscher Jagdterrier, auf der Autobahn ausgesetzt, gefunden und abgegeben im Tierheim. Freundlich, aber unerzogen, toll im Umgang mit Menschen - auch mit Kindern -, aber aggressiv gegenüber anderen Hunden.

Bohne, was für ein blöder Name!

Die könnte auch passen!, dachte ich. Mein Sohn war begeistert, als er die Bilder von ihr sah. Auch sie setzten wir also auf unsere Wunschliste. Aber Bohne, das dachten wir, ist ein blöder Name. Sollten wir uns für sie entscheiden, bekommt sie einen anderen Namen!

Einen Tag später war die Antwort vom Tierheim da. Die beiden ersten Hunde kämen für uns nicht in Frage, denn sie  erforderten doch einigermaßen Hundeerfahrung - die wir nicht hatten. Aber Bohne könnte passen! Ob wir uns sie nicht einmal anschauen wollten?

Das taten wir - und fuhren ein paar Tage später ins Tierquartier. Und da war sie: Bohne! Sie kam sofort zu uns gewackelt, warf sich vor uns hin und forderte uns auf, sie zu streicheln. Was kann man da noch machen? Jeder, der glaubt, man könne in ein Tierheim oder zu einem Züchter fahren, um sich völlig neutral und distanziert solch ein Hündchen anzuschauen und frei zu entscheiden - "Das können wir später in Ruhe entscheiden!" -, macht sich etwas vor. Das funktioniert nicht!

Als wir sie sahen, wussten wir: Natürlich heißt sie Bohne! Bohni, Böhnchen, für die Außenwelt Frau Dr. Bohne. Und wir fragten uns: Was sind das für Menschen, die einen Hund einfach so aussetzen? An der Autobahn? Ich kann verstehen, dass man vielleicht überfordert ist, dass die Hundeanschaffung eine Fehlentscheidung war oder dass sich die Umstände geändert haben und man nicht mehr für das Tier sorgen kann. Aber dann sucht man eine Unterbringung, vermittelt das Tier an einen anderen Halter oder bringt es ins Heim. Aber einfach aussetzen? Was sind das für charakterlose Typen?

Glück für mich: So kam Bohne zu mir. Mittlerweile ist sie bald seit einem Vierteljahr bei uns, ihr Arbeitsvertrag wurde längst entfristet, und es ist alles sehr, sehr schön. Nur dass sie, nun ja, doch haart und a bisserl streng riecht, manchmal. (Meine Frau liebt sie trotzdem.) Nur andere Hunde findet Bohne immer noch doof.

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